Interprofessionalität muss gestärkt werden – aber nicht im Rahmen von Kostendämpfungsmassnahmen

Kostensenkung klein.jpg

Der Bundesrat will die Kosten im Gesundheitswesen dämpfen. Physioswiss anerkennt zwar die Notwendigkeit, ist mit dem Umsetzungsvorschlag aber nicht einverstanden. Die Grundversorgung zu stärken, ist ein richtiger Schritt, die geplanten Massnahmen schränken jedoch die Arbeit aller Grundversorger massiv ein und sind deshalb nicht zielführend.

«Physioswiss begrüsst die angedachten Massnahmen, die der Stärkung der koordinierten Versorgung und der Interprofessionalität im Gesundheitswesen dienen», erläutert Mirjam Stauffer, Präsidentin von Physioswiss, die Stellungnahme ihres Verbandes. Physioswiss ist jedoch mit den vorgesehenen Einschränkungen und Zwängen – sowohl bei den Versicherten (Zwang zur ärztlichen Erstberatungsstelle) als auch bei den Leistungserbringern (Zielvorgaben) – nicht einverstanden. «Solche Eingriffe sind nicht zielführend und bewirken häufig, dass Innovationen und Flexibilität eingeschränkt werden und die Kosten steigen, weil der administrative Aufwand zunimmt», ist Osman Besic, Geschäftsführer von Physioswiss, überzeugt.
 
Interprofessionalität ist die Zukunft der patientenzentrierten Versorgung
Konzepte, die strukturierte Programme zur Patientenversorgung zum Ziel haben, unterstützen die Etablierung der interprofessionellen Zusammenarbeit. So erhalten Patientinnen und Patienten einen direkten Zugang zur richtigen Gesundheitsfachperson, und zwar ohne teure Umwege. Der Aufbau von koordinierten Netzwerken verleiht vor allem der Qualitätssicherung neue und wichtige Impulse. Interprofessionelle Zusammenarbeit bedeutet, dass die involvierten Gesundheitsfachpersonen gemeinsam mit der PatientIn und ihren Angehörigen als Team die beste Behandlung und Betreuung entwickeln. Solche Modelle müssen gefördert und mit den richtigen Strukturen und Rahmenbedingungen unterstützt werden. Darunter fällt für Physioswiss auch eine faire Abgeltung der Leistungen der interprofessionellen Versorgung.
 
Ein interprofessionelles Team muss nicht zwingend unter ärztlicher Leitung stehen. Je nach Patientenbedarf kann auch eine andere Fachperson den Lead übernehmen. «Gerade Physiotherapeutinnen und -therapeuten spielen hier eine zentrale Rolle. Sie könnten, wie andere Fachpersonen auch, die medizinische Grundversorgung gezielt entlasten. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die erweiterten Kompetenzen von verschiedenen Gesundheitspersonen anerkannt werden», fordert Mirjam Stauffer.
 
Fokus muss auf der Versorgungsqualität liegen
Physioswiss lehnt die vorgeschlagenen Kostenziele und Pauschalentschädigungen ab. Solche Vergütungsmodelle schaffen falsche Anreize und begünstigen die Risikoselektion. Auch der einseitige Fokus auf die Kosten der Leistungserbringer ist falsch. Die Priorität muss immer auf der Versorgungsqualität liegen. «Wir müssen das Gesundheitswesen in seiner ganzen Komplexität erfassen und ganzheitlich betrachten. Stückwerke wie Zielvorgaben oder einzelne Pauschalen bringen uns nicht weiter», ist Osman Besic überzeugt.
 
Das Aushandeln von Abgeltungsmodellen muss den Vertragspartnern überlassen bleiben. Beide Seiten sind interessiert an einer qualitativ hochstehenden Behandlung zum bestmöglichen Preis. Dass das Gesundheitswesen Veränderung braucht, ist für Physioswiss unbestritten. Bei diesem Massnahmenpaket wird aber einzig der Aspekt der Kostendämpfung betrachtet. «Wenn wir das Kostenwachstum im Gesundheitswesen nachhaltig dämpfen wollen, dann dürfen wir etwas sicher nicht tun: Sparen bei der Grundversorgung», führt Anke Trittin, Leiterin Tarifpolitik von Physioswiss, aus.