Tarifanwendung – Gut zu Wissen – Teil 16: Stärkere Compliance dank Gruppentherapie (7330)

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Gruppentherapien können auf Patient:innen einen sehr motivierenden Effekt haben. Insbesondere wer einen langen Leidensweg vor sich hat, profitiert vom Austausch mit Menschen mit ähnlichen Beschwerden.

Wofür eignet sich die Gruppentherapie?
Die Gruppentherapie ist eine unterschätzte physiotherapeutische Massnahme. Sie wird im Vergleich zu den anderen Therapieformen in Physiotherapiepraxen deutlich weniger angeboten.
Dabei lohnt sich die Gruppentherapie in unterschiedlichen Szenarien. Zum Beispiel kann es für die Compliance (Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung der Patient:innen an der Therapie) sehr unterstützend sein. Vielen Menschen fällt es in der Gruppe leichter, sich zu motivieren – besonders unter Menschen mit ähnlichen Beschwerden. Zudem ist es sehr wirtschaftlich und sparsam für unser Gesundheitssystem, Patient:innen mit denselben aktiven Therapien zusammenzuschliessen.

Was sind die Rahmenbedingungen?
Die Gruppe soll möglichst homogen sein. Das heisst, es sollen Patient:innen mit ähnlichen Diagnosen oder Beschwerdebildern (Osteoporose, Rückenbeschwerden, pulmonale Reha, Cardio-Reha usw.) zusammengenommen werden. In der Gruppentherapie werden ausschliesslich physiotherapeutische Methoden angewendet. Spezifische Sportarten wie Nordic Walking, Feldenkreis oder Yoga sind keine Leistungen der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Es gibt vereinzelt Krankenkassen, welche solche Methoden über die Zusatzversicherung vergüten. Die Gruppentherapie muss im Rahmen der physiotherapeutischen Leistung zwingend im Therapieraum oder im Therapiebad stattfinden. Es handelt sich um ein geleitetes Training, bei dem alle Teilnehmenden gleichzeitig das gleiche Programm absolvieren. Dies steht im Gegensatz zur Medizinische Trainingstherapie (MTT), bei der mehrere Patient:innen gleichzeitig selbständig mit individuellen Trainingsplänen trainieren können.

Wie lange dauert eine Gruppentherapie?
Wie auch bei den anderen Sitzungspauschale gibt es auch für die Gruppentherapie keine Zeithinterlegung. Die Therapie muss jedoch den Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) entsprechen.

Wie wird die Gruppentherapie verordnet?
Wie bei der Einzeltherapie muss auf der Verordnung für die Gruppentherapie eine klar definierte Diagnose stehen. Im Abschnitt «Physiotherapeutische Behandlung» muss der Zuweiser die «Gruppentherapie» vermerken. Ansonsten gilt – gleich wie bei der Einzeltherapie – Artikel 5 Absätze 2 bis 4 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV). D.h. die ärztliche Verordnung gilt für 9 Sitzungen Gruppentherapie. Für den Beginn muss die 5-Wochen-Regel angewendet werden, nach 36 Sitzungen muss der Zuweiser mit einem ärztlichen Bericht zuhanden der Vertrauensärztin bzw. des -arztes der Krankenkasse die Fortsetzung der Therapie beantragen (Kostengutsprache). 

Kann neben der Gruppentherapie parallel eine Einzeltherapie stattfinden?
Wenn es indiziert und WZW-konform (Art. 32 KVG) ist, ist eine Parallelbehandlung zulässig. Wichtig ist, dass die Gesamtzahl der Therapiesitzungen beachtet wird: Die Sitzungen der Gruppentherapie und der Einzeltherapie, die unter der gleichen Diagnose laufen, müssen zusammengerechnet werden. Ab 36 Sitzungen ist eine Kostengutsprache notwendig.  Einzelbehandlung und Gruppentherapie dürfen nicht am gleichen Tag stattfinden.

Wie wird abgerechnet?
Sowohl im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) als auch im Unfallversicherungsgesetz (UVG) wird die Gruppentherapie über die Tarifposition 7330 abgerechnet und mit 25 Taxpunkten (TP) pro Patient:in vergütet.
Im KVG kann eine Gruppe von 2 bis 5 Patient:innen und und im UVG eine Gruppe von 1 bis 5 Patient:innen abgerechnet werden. Sowohl im KVG als auch im UVG wird ab 6 Personen ein:e weitere:r Physiotherapeut:in benötigt.
Findet die Gruppentherapie im Therapiebad statt, kann für jede:n Patient:in die Zuschlagsposition für die Benutzung des Gehbads/Schwimmbads (7352) abgerechnet werden. Die Zusatzposition für die Weg- oder Zeitentschädigung (7354) kann nicht mit der Sitzungspauschale Gruppentherapie (7330) kombiniert werden.
In der Krankenversicherung kann das verwendete Behandlungsmaterial wie das Material für die Atemtherapie, unter der Tarifposition 7361 verrechnet werden.
 

Weitere Teile aus unserer Serie «Gut zu Wissen» rund um die Tarifanwendung und ihre Tücken finden Sie hier.
 

(© Bild: Physioswiss)